Hanna (44) ist zweifache Mutter, berufstätig und steht kurz vor dem Burn-out. Ihr ergeht es wie vielen Frauen, die Tag für Tag unsichtbare Planungs- und Koordinationsarbeit leisten und damit alles am Laufen halten. Die Mental Load – „mentale Belastung“ – kann schlimmstenfalls krank machen. Was Hanna und andere Betroffene tun können, damit es nicht soweit kommt, erfährst du hier.
Mental Load: wie Projektmanagement, nur unbezahlt
Heute hat Linus Fußballtraining. Wann war noch gleich Noras Friseurtermin? Es muss noch eingekauft werden. Wer erledigt das wann am besten und was ist überhaupt noch im Kühlschrank? Ach ja, für den Workshop morgen muss ich noch eine Präsentation vorbereiten! In Hannas Kopf rattert sie ständig: Die
Wer-was-wie-wo-wann-Liste. Die ganze Mental Load der Familie – auch mit Denk- und Sorgearbeit zu übersetzen – landet bei ihr. Wenn Florian, ihr Mann, dann abends um 18 Uhr von der Arbeit nach Hause kommt, ist sie wie ausgebrannt.
Der Akku ist leer. Alles auf null. Florian versteht das nur bedingt – bringt er die Kinder doch jeden Abend ins Bett und morgens in die Kita und Schule. Und wenn am Wochenende Kindergeburtstage von Freunden anstehen, begleitet er die Kinder in der Regel dorthin. Deshalb findet er, dass die Aufgaben des Alltags recht gut aufgeteilt sind zwischen seiner Frau und ihm. Er bringt sich ein als Vater – das ist doch ganz offensichtlich! Und genau hier liegt der springende Punkt.
Denn, was er nicht sieht, ist die unsichtbare, geräuschlose Arbeit, die Hanna bei all den Aktivitäten im Hintergrund leistet. Zum Beispiel: Sie ist es, die dafür sorgt, dass die unterschiedlichen Zahnpasten – ja, jedes Kind hat altersbedingt eine eigene – im Badezimmer niemals ausgehen. Dass im Kühlschrank immer die Lieblingssalami fürs Pausenbrot der Kinder bereitsteht. Und dass Nora am Samstagnachmittag auf dem Geburtstag ihrer besten Freundin mit dem passenden Geschenk auftaucht. Hanna hat alles zuvor genau geplant, organisiert, koordiniert.
Wie äußert sich Mental Load?
Seit einiger Zeit merkt Hanna, dass ihr die nicht enden wollenden To-dos im Kopf zusetzen: Sie fühlt sich zunehmend gestresst und ruhelos. Auch wenn sie entspannen will, klappt das in der Regel nicht. Sie hat Schwierigkeiten beim Einschlafen und manchmal wacht sie nachts mit einem sich drehenden Kopfkarussell auf. Hanna zeigt klassische Mental-Load-Symptome. Zu den typischen Mental-Load-Symptomen zählen:
- Erhöhter Herzschlag
- Bluthochdruck
- Panikattacken
- Rückenverspannungen
- Schlafstörungen
- Hohe Reizbarkeit
- Dauerhafte Erschöpfung (Burn-out)
- Depressionen
- Migräne
- Tinnitus
Der Aha-Moment
Hanna erzählt ihrer besten Freundin Merle von ihrer Schlaflosigkeit, ihrer Erschöpfung und davon, dass sie das Gefühl hat, für alles rund um die Uhr verantwortlich zu sein. „Das erinnert mich an einen Bericht, den ich neulich in einer Frauenzeitschrift gelesen habe. Da ging es um die Mental Load einer Mutter“, sagt Merle. Und ergänzt: „Diese mentale Last, die viele Frauen Tag für Tag durch ihre Denkarbeit mit sich rumschleppen, kann sogar ernsthaft krank machen, wenn man nichts dagegen unternimmt.“ Mental Load? Und das kann krank machen? Hanna beschließt, sich über Mental Load zu belesen. Denn es muss doch Mittel und Wege geben, ihr lästiges Gedankenkarussell zu stoppen – oder zumindest zu drosseln!
Raus aus der Mental-Load-Falle!
Was also tun gegen Mental Load? Hanna hat sich ausführlich im Internet informiert und weiß jetzt, wie sie ihre Mental Load reduzieren kann:
Tipp 1: To-dos bewusst machen
Insbesondere Müttern ist oft nicht klar, was sie alles im Alltag leisten.Deshalb gilt es im ersten Schritt, sich allen täglichen Aufgaben bewusst zu werden. Hanna schreibt sich alle To-dos, die sie am Tag erledigt, auf und stellt fest: Wow, das ist eine ganze Menge!
Tipp 2: Mit dem Partner reden
Hanna teilt Florian mit, was in ihrem Alltag alles anfällt. Und der ist ebenfalls ziemlich erstaunt über die vielen Aufgaben seiner Frau, die im bisher gar nicht so recht bewusst waren.
Tipp 3: Verantwortung statt Mithilfe
Hanna und Florian haben gemeinsam eine Mental-Load-Liste erstellt und möchten künftig ihre Aufgaben UND die damit verbundene Verantwortung anders aufteilen. Zum Beispiel wird Florian beim nächsten Kindergeburtstag nicht mehr nur bloß die Begleitung seiner Kinder sein, sondern der komplette Projektmanager: Er kümmert sich um die Zusage, das Geschenk, die pünktliche Ankunft auf der Party und so weiter. Er hilft also nicht nur mit, sondern übernimmt selbst die Verantwortung für die Tätigkeiten.
Tipp 4: Loslassen!
Florian ist bereit, einiges zu ändern. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass Hanna als Mutter diese Tätigkeiten inklusive Verantwortung auch wirklich loslassen muss. Hier gilt: Übung macht den Meister oder besser: die Meisterin!
Tipp 5: Absprachetermine festlegen
Hanna und ihr Mann besprechen jetzt wöchentlich zu einem festen Zeitpunkt die Aufgaben und Termine für die kommende Woche. Sie versuchen, eine ausgewogenere Aufteilung von Hausarbeit, Kinderbetreuung und persönlicher Freizeit zu erreichen. Eine 100 Prozent gerechte 50:50-Aufteilung werden sie wohl auch in Zukunft nicht ganz hinkriegen, aber das Ergebnis fühlt sich für beide ziemlich fair an und Hanna fühlt sich spürbar entlastet.
FAQ zum Thema Mental Load
Was ist ein Mental-Load-Selbsttest?
Ein Mental-Load-Test ist ein Test, mit dem du überprüfen kannst, ob du unter Mental Load leidest. Das Netz ist voll davon. Hier ist ein möglicher Test für dich: https://equalcareday.org/mentalload-test.pdf
Viele dieser Tests liefern dir nicht nur Klarheit über deine Mental Load, sondern geben dir auch konkrete Tipps, wie sich diese reduzieren lässt.
Sind nur Frauen von der Mental Load betroffen?
Von Mental Load können beide Geschlechter betroffen sein. Meist sind es aber Frauen. Schuld daran ist die Sozialisation. Eine Frau wird häufig von klein auf darauf geprägt, für die Familie verantwortlich zu sein.
Haben auch Paare ohne Kinder mit Mental Load zu kämpfen?
Auch Paar ohne Kinder können mit Mental Load zu kämpfen haben. Nur ist es so, dass mit Kindern die Plan- und Koordinationsarbeit zunimmt und damit reichlich Mental Load entsteht.
Welche Folgen hätte eine gleichberechtige Aufgabenteilung – also eine geteilte Mental Load – für die Gesellschaft?
Eine gerecht aufgeteilte Mental Load hat das Potenzial, die Gesellschaft zu verändern. Wenn sich Männer beziehungsweise Väter mehr einbringen, wird die Mental Load der Frauen beziehungsweise Mütter bewusster und weniger. Kinder können auf diese Weise lernen, dass Aufgaben im Haushalt sowie die Planung von Einkäufen oder Geburtstagen nicht nur Frauensache sind, sondern Teamwork.