Frauen & Wohlbefinden

Das Impostor Syndrom
Warum du mehr kannst als du glaubst

Kennst du das Gefühl, dass du eigentlich gar nicht so gut bist, wie andere denken? Dass du deine Erfolge nur durch Glück oder Zufall erreicht hast? Und dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis jemand herausfindet, dass du eigentlich eine Hochstaplerin bist? Willkommen im Club – du bist nicht allein! Was du gerade fühlst, hat sogar einen Namen: das Impostor-Syndrom (englisch: Imposter Syndrom), auch bekannt als Hochstapler-Syndrom.

Das Impostor-Syndrom ist ein weit verbreitetes Phänomen, vor allem bei Frauen. Studien zeigen, dass bis zu 70 % der Menschen mindestens einmal im Leben Selbstzweifel dieser besonderen Art erleben. Doch was steckt wirklich hinter dem Impostor-Syndrom? Wie hängt es mit Narzissmus zusammen? Und wie kannst du dieses Problem endlich überwinden?

In diesem Artikel klären wir, was das Impostor-Syndrom ist, woher es kommt und warum es so viele betrifft – so auch Denise (39). Wir geben dir außerdem praxisnahe Tipps, wie du diese negativen Gedanken in den Griff bekommst.

Wie äußert sich das Hochstapler-Syndrom?

Vom Imposter-Syndrom Betroffene hinterfragen ständig ihre Leistungen und fühlen sich nicht „gut genug“.


Typische Denkweisen sind: 

– „Ich habe das nicht wirklich verdient.“ 

– „Irgendwann merken alle, dass ich nichts draufhabe.“ 

– „Ich bin doch gar nicht so fähig, wie alle denken.“ 

Diese Gedanken führen oft zu einem Teufelskreis: Du arbeitest immer härter, um deine vermeintliche Unfähigkeit zu kaschieren, wodurch die Angst vor Entdeckung nur noch größer wird. 

Denise: „Schon in der Schule war ich sehr ehrgeizig, aber jetzt im Job belastet mich dieser Drang zur Perfektion wirklich. Ich mache ständig Überstunden, um Ergebnisse zum x-ten Male zu überprüfen oder vorsichtshalber noch einen Entwurf B zu gestalten. Selbst wenn mein Vorgesetzter von meinen Entwürfen total begeistert ist, denke ich, dass er nur glücklicherweise nicht gemerkt hat, wie mittelmäßig ich in Wirklichkeit bin – und dass jemand anderes das sicherlich viel besser könnte. Ich kann mich für Erfolge nie feiern, ich bin höchstens erleichtert, dass wieder eine Aufgabe überstanden ist und keine Kritik kam. Das ist anstrengend und frustrierend.“

Impostor Syndrom und Narzissmus: Zwei Seiten derselben Medaille?

Auf den ersten Blick könnten das Impostor-Syndrom und Narzissmus nicht unterschiedlicher sein. Während Narzissten häufig ein übersteigertes Selbstbewusstsein zeigen und sich nach außen hin perfekt präsentieren, sind Menschen mit Hochstapler-Syndrom von Selbstzweifeln geplagt. Doch die beiden Phänomene sind enger miteinander verbunden, als es scheint. 

Einige Betroffene des Impostor Syndroms entwickeln Narzissmus als eine Art Schutzmechanismus. Sie versuchen, ihre Unsicherheiten durch Perfektionismus oder eine Fassade von Selbstsicherheit zu verbergen. Nach außen wirken sie stark, erfolgreich und souverän – innerlich kämpfen sie jedoch mit der Angst, nicht gut genug zu sein. 

Umgekehrt können auch Menschen mit Narzissmus das Impostor-Syndrom erleben. Obwohl sie nach außen hin selbstbewusst erscheinen, zweifeln sie innerlich oft an ihrer eigenen Kompetenz. Der Wunsch, perfekt zu sein und Anerkennung zu erhalten, wird bei beiden Gruppen von der gleichen Grundangst getrieben: nicht „ausreichend“ zu sein. 

Das Impostor Syndrom und Narzissmus mögen sich also auf den ersten Blick widersprechen, doch beide Phänomene haben ihre Wurzeln in Unsicherheiten und einem instabilen Selbstwertgefühl. 

„Ein bisschen narzisstisch bin ich wohl auch“, gibt Denise zu. „Ich habe ein ziemlich gutes Pokerface und bin trotz meiner Angst super im Präsentieren. Ich kann sogar richtig großspurig werden. Manchen imponiert das, aber es ist eben nur eine Maske.“

Ursachen des Impostor Syndroms: Warum fühlen wir uns wie Hochstapler?

Die Frage „Warum fühle ich mich wie ein Hochstapler?“ führt oft zurück in die Kindheit. Viele Betroffene berichten, dass sie schon früh gelernt haben, dass ihre Leistungen wichtiger sind als sie selbst. Lob gab es nur für perfekte Ergebnisse – Fehler hingegen führten häufig zu harter Kritik. 

Gesellschaftliche Erwartungen spielen ebenfalls eine große Rolle. Frauen sind besonders oft betroffen, da sie in der Arbeitswelt immer noch mit Vorurteilen und höheren Anforderungen konfrontiert werden. Studien zeigen, dass Frauen dazu neigen, ihre Erfolge zu unterschätzen und ihre Fähigkeiten infrage zu stellen – während Männer in vergleichbaren Situationen oft selbstbewusster auftreten. 

Perfektionismus und die Angst vor Kritik sind weitere Faktoren, die das Impostor Syndrom begünstigen. Betroffene setzen sich unrealistisch hohe Standards und zweifeln an sich selbst, wenn sie diese nicht erreichen. Sie leben in der Überzeugung, dass sie ständig „mehr“ leisten müssen, um akzeptiert zu werden. 

„Bei mir liegt eine große Baustelle in meiner Kindheit“, so Denise. „Meine Mutter ist eine ungelernte Hilfskraft, mein Vater hat uns früh verlassen. Mama hat mir immer eingetrichtert, dass sehr gute Noten und später ein hochbezahlter Beruf alles sind, was im Leben zählt. Irgendwann habe ich verstanden, dass sie sich für ihre fehlende Bildung insgeheim schämt – und eine krankhafte Angst hat, dass es mir als Frau mal finanziell ähnlich schlecht ergehen könnte wie ihr, wenn ich nicht in sämtlichen Fächern und Lebensbereichen absolut überdurchschnittlich bin.“

Impostor Syndrom und Depression: ein Teufelskreis

Das Impostor Syndrom kann, wenn es unbehandelt bleibt, zu ernsthaften psychischen Belastungen führen. Ständige Selbstzweifel und das Gefühl, „nicht gut genug“ zu sein, erhöhen das Risiko für eine Depression. Betroffene fühlen sich oft ausgelaugt, überfordert und isoliert – schließlich dürfen sie niemandem zeigen, wie sie sich wirklich fühlen. 

„Ich kenne das“, sagt Denise. „Wenn ich mal wieder bis spät im Büro saß und dann abends im Bett liege, fühle ich mich häufig vollkommen leer. Zeitweise geht das wahrscheinlich tatsächlich in Richtung einer Depression.“

Die Angst, als Hochstapler entlarvt zu werden, sorgt außerdem dafür, dass Betroffene immer mehr leisten, um ihre vermeintliche Unfähigkeit zu kompensieren. Dieser Druck kann sich negativ auf die mentale und körperliche Gesundheit auswirken. Deshalb ist es so wichtig, das Impostor Syndrom ernst zu nehmen und aktiv daran zu arbeiten, es zu überwinden.

Impostor Syndrom: Selbstest liefert erste Anhaltspunkte

Fragst du dich manchmal, ob du selbst unter dem Impostor-Syndrom leidest? Es gibt tatsächlich Tests, die dir dabei helfen können, das herauszufinden.

Ein Selbsttest zum Hochstapler-Syndrom besteht meist aus Fragen, die auf das typische Denken und Verhalten von Betroffenen abzielen. Zum Beispiel: „Fühlst du dich oft, als hättest du deine Erfolge nicht verdient?“ oder „Hast du Angst, dass andere irgendwann merken, dass du gar nicht so kompetent bist, wie sie denken?“ Solche Tests sollen dir helfen, deine Gedanken besser zu reflektieren und herauszufinden, ob du unter dem Hochstapler-Syndrom leidest. 

Ein bekannter Test ist der „Clance Impostor Phenomenon Scale“ (CIPS), der speziell für das Impostor-Syndrom entwickelt wurde. Er gibt dir eine Einschätzung darüber, wie stark du betroffen bist. Allerdings: Ein Test allein reicht nicht aus, um das Impostor-Syndrom zu diagnostizieren. Er kann dir aber erste Hinweise geben und dir zeigen, welche Muster in deinem Denken und Handeln möglicherweise auf das Hochstapler-Syndrom hinweisen. Wenn du dich in den Ergebnissen wiedererkennst, ist das ein guter Ausgangspunkt, um weiter an dir zu arbeiten oder dir professionelle Unterstützung zu suchen.

Was hilft bei Impostor Syndrom? Tipps für mehr Selbstvertrauen

Jetzt fragst du dich vielleicht: „Wie kann ich das Impostor-Syndrom überwinden?“ Die gute Nachricht: Es gibt viele Wege, um deine Selbstzweifel in den Griff zu bekommen. Der erste Schritt ist, dir bewusst zu machen, dass deine Gedanken nicht die Realität widerspiegeln. Nur weil du dich wie ein Hochstapler fühlst, heißt das nicht, dass du einer bist.

Ein weiterer wichtiger Schritt ist, die eigenen Erwartungen zu hinterfragen. Perfektionismus ist ein häufiger Begleiter des Hochstapler-Syndroms, aber niemand ist perfekt – und das ist auch okay. Setze dir realistische Ziele und lerne, deine Erfolge zu feiern, anstatt sie kleinzureden.

Fange an, deine Erfolge bewusst wahrzunehmen. Schreibe am besten auf, was du erreichst, und erinnere dich daran, wie viel Mühe und Arbeit du hineingesteckt hast. Denise hat das geholfen: „Ich versuche, meine Erlebnisse mehrmals pro Woche in einem Tagebuch zu reflektieren. Wenn ich mal wieder sehr down bin, schreibe ich auch das auf und versuche, dem Ganzen einen anderen Spin zu geben – so als würde ich meine Geschichte einfach neu schreiben, aus einer positiveren Perspektive.“

Auch das Gespräch mit anderen kann unglaublich hilfreich sein. Teile deine Sorgen mit Freund:innen, Kolleg:innen oder einem Coach. Du wirst feststellen, dass du nicht die Einzige bist, die solche Gefühle hat.

Auch professionelle Unterstützung kann helfen. Ein Coach oder Therapeut kann dir dabei helfen, die Ursachen deiner Selbstzweifel zu verstehen und neue Denkweisen zu entwickeln. Es geht nicht darum, perfekt zu sein, sondern darum, dich selbst anzunehmen und deinen Fähigkeiten zu vertrauen!

FAQ

Das Mom-Impostor-Syndrom beschreibt das Gefühl vieler Mütter, keine „guten“ Eltern zu sein – selbst, wenn sie objektiv betrachtet großartige Arbeit leisten. Viele Mütter vergleichen sich ständig mit anderen und setzen sich unter Druck, perfekt sein zu müssen. Dieses Phänomen ist besonders verbreitet, da die Gesellschaft unrealistisch hohe Erwartungen an Mütter stellt.
Wenn du dich selbst hierin wiederfindest, erinnere dich daran: Perfektion ist nicht das Ziel – Liebe und Fürsorge machen dich zu einer wunderbaren Mutter.

Das Wichtigste ist, deine Denkmuster zu hinterfragen. Schreibe deine Erfolge auf, sprich mit anderen über deine Selbstzweifel und suche dir Unterstützung, wenn du das Gefühl hast, alleine nicht weiterzukommen. Auch Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation können helfen, die ständigen negativen Gedanken zu reduzieren. Mit der Zeit kannst du lernen, dir selbst zu vertrauen und stolz auf das zu sein, was du erreicht hast.

Das Impostor Syndrom äußert sich vor allem durch Selbstzweifel und die Angst, als „Hochstapler“ entlarvt zu werden. Betroffene fühlen sich oft, als hätten sie ihre Erfolge nicht verdient, und neigen dazu, ihre Leistungen kleinzureden. Typisch sind auch Perfektionismus, Angst vor Kritik und das ständige Streben nach mehr – oft begleitet von einem Gefühl der Überforderung.

Das Gegenteil des Impostor-Syndroms könnte als „Dunning-Kruger-Effekt“ bezeichnet werden. Während Menschen mit Impostor-Syndrom ihre Fähigkeiten unterschätzen, überschätzen Menschen mit Dunning-Kruger-Effekt ihre Kompetenzen oft maßlos. Beide Extreme haben mit einer verzerrten Wahrnehmung der eigenen Fähigkeiten zu tun.

Ob du wirklich am Hochstapler-Syndrom leidest, kannst du oft schon an deinen Gedanken und Verhaltensweisen erkennen. Frag dich selbst: Hinterfragst du ständig deine Erfolge? Glaubst du, dass deine Leistungen nur auf Glück oder Zufall zurückzuführen sind? Hast du Angst, dass andere merken könnten, dass du „gar nicht so gut“ bist, wie sie denken? Wenn du diese Fragen mit „Ja“ beantwortest, könnten das Anzeichen für das Impostor-Syndrom sein.

Um dir mehr Klarheit zu verschaffen, kannst du einen Impostor-Syndrom Selbsttest machen, wie den bereits erwähnten „Clance Impostor Phenomenon Scale“. Dieser Test kann dir eine erste Einschätzung geben, wie stark du betroffen bist. Wichtig ist dabei, dass es sich nicht um eine offizielle Diagnose handelt, sondern um eine Orientierung.

Wenn du merkst, dass deine Selbstzweifel deinen Alltag oder deine Emotionen stark belasten, könnte es hilfreich sein, mit einem Coach, Therapeuten oder einer vertrauten Person darüber zu sprechen. Gemeinsam könnt ihr Wege finden, wie du diese Gedanken entlarvst und dein Selbstvertrauen stärkst.

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